Finanzen

EU-Kommissar de Gucht will missbräuchliche Milliardenklagen stoppen

GDN - EU-Kommissar Karel de Gucht reagiert auf die Kritik am geplanten Freihandelsabkommen mit den USA: Er will missbräuchliche Milliardenklagen von Konzernen stoppen und die umstrittenen Gespräche über einen Schutz von Investoren aussetzen. Das kündigt der Kommissar in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) an, der der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt: "Die verbreitete Kritik am Investitionsschutz überzeugt mich, dass öffentliches Nachdenken über die Ziele der EU nötig ist, bevor wir weitermachen".
Kritiker und Befürworter sollen in einer dreimonaten Konsultation Zeit bekommen, ihre Argumente vorzutragen. Skeptiker befürchten, Konzerne könnten den im Abkommen vorgesehenen Investorenschutz ausnutzen, um Umwelt- oder Gesundheitsregeln aufzuweichen und von Staaten Milliarden an Schadensersatz zu erstreiten. Als abschreckende Beispiele verweisen sie etwa auf Klagen von Vattenfall gegen die deutsche Energiewende und von Philip Morris gegen eine Einschränkung der Zigarettenwerbung in Australien. De Gucht schreibt, Europa solle den Ausgang dieser Verfahren genau beobachten und gegebenenfalls die gesetzlichen Grundlagen ändern. Er wolle "den potenziellen Missbrauch durch Briefkastenfirmen" wie im Fall Philip Morris bekämpfen. "Jedes Abkommen muss das Recht bewahren, dass die EU oder ein Mitgliedsstaat zugunsten der Umwelt, der Gesundheit oder eines stabilen Finanzsystems in die Wirtschaft eingreift". Kritiker bemängeln, dass die ganzen Verhandlungen über das Freihandelsabkommen weitgehend geheim ablaufen. Der Kommissar will nun bei der Konsultation zum Investorenschutz erstmals überhaupt einen Verhandlungsvorschlag der EU öffentlich machen. Offenbar ist de Gucht auch frustriert, dass die Bundesregierung sich in der Debatte zurückhält: "Ich rufe Sie und Ihre Ministerkollegen auf, proaktiv Ihr Wissen in diese kritische Diskussion einzubringen", fordert er Gabriel auf.
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