Finanzen

Insolvenzrechts-Reform laut Studie "gescheitert"

GDN - Die Reform des deutschen Insolvenzrechts vor zwei Jahren hat ihr Ziel laut einer aktuellen Studie der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG), die der "Welt" vorliegt, verfehlt. Mit dem "Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen", kurz ESUG, wollte der Gesetzgeber die 2001 eingeführte Eigenverwaltung stärken, also die Weiterführung eines in Not geratenen Unternehmens durch seine Eigentümer unter Aufsicht eines Insolvenzverwalters.
Zwar ist die Zahl der sogenannten Planverfahren seit der Reform tatsächlich gestiegen. Mit einer Quote von gerade mal 2,4 Prozent ist sie aber weit hinter den Erwartungen zurück geblieben. "Den großen Umschwung hat das Gesetz bei der Eigenverwaltung noch nicht gebracht", sagt Rüdiger Wolf, Restrukturierungsexperte bei BCG und Mitautor der Studie. "Der Hype ist der Realität gewichen." Durch die Eigenverwaltung sollte der Anreiz geschaffen werden, Insolvenzanträge deutlich früher zu stellen. Denn aus Angst vor Kontrollverlust gestehen viele Eigentümer Probleme erst viel zu spät ein. Experten zufolge sind die meisten Firmen schon fast ein Jahr lang pleite, ehe die Insolvenz beantragt wird. Für eine Rettung ist es dann oftmals zu spät. Und das vernichtet am Ende massiv Arbeitsplätze. Den volkswirtschaftlichen Schaden infolge der zu spät eingereichten Insolvenzanträge taxieren Rechtsexperten auf jährlich acht bis zwölf Milliarden Euro. Doch viel geringer ist die Summe durch die seit März 2012 gültige Gesetzesreform nicht geworden. Ganze 476 von insgesamt 20.317 Unternehmensinsolvenzen in den Jahren 2012 und 2013 waren Planverfahren, heißt es in der BCG-Studie. Die Quote liegt damit bei 2,4 Prozent - nach 1,5 Prozent zu Zeiten vor der Reform. "Die Relevanz der Eigenverwaltungsverfahren ist weiterhin gering", sagt Experte Wolf. Und auch in den nächsten Jahren sei allenfalls ein moderater Anstieg zu erwarten. Der Studie zufolge hat sich die Eigenverwaltung vor allem für große Unternehmen mit mehr als 300 Millionen Euro Umsatz als zu komplex erwiesen. "Der Aufwand und die Auswirkungen einen Insolvenzverfahrens sind in vielen Fällen zu hoch", meint Wolf. Denn es gebe zu viele Beteiligte im Verfahren. Aktuell hat das typische Unternehmen in der Eigenverwaltung daher 80 Mitarbeiter und einen Umsatz von gerade elf Millionen Euro. Der BCG-Experte regt eine deutliche Straffung der Abläufe in der Planinsolvenz an. "Man könnte die Planabstimmung weiter vereinfachen und verschlanken - etwa durch eine noch bessere Gestaltung der Rechtsmittel gegen den Plan oder durch die Beschränkung des Verfahrens auf die Gläubiger, in deren Rechte tatsächlich eingegriffen wird."
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