Entertaiment

Break out and run free - gute Idee, aber schlecht umgesetzt

Shitstorm nach Laufevent


Die "Elwe" in Kassel (Quelle: heldmann-images)
Der Ausbruch beginnt
(Quelle: heldmann-images)
GDN - Die Idee war pfiffig. Die Teilnehmer des Events sollten aus dem ehemaligen Gefängnis “Elwe“ in Kassel “ausbrechen“ und über einen 18 km-Parcours mit 21 Hindernissen zum Auestadion “in die Freiheit laufen“. So das Konzept auf der Homepage der Veranstalter “querheads GmbH“. Doch es kam anders.
Fantasievolle Kostümierungen
Quelle: heldmann-images
Rund 1200 Sportlerinnen und Sportler fühlten sich von der Idee angesprochen. Die Veranstalter hatten zwar anfangs einmal eine angepeilte Zahl von 5000 kommuniziert, später jedoch erklärt, dass sei eine Maximalzahl gewesen, die nie wirklich angestrebt worden sei. Am Samstag erklärte die Pressesprecherin Anna Ramskogler-Witt gegenüber GDN, mit der Teilnehmerzahl vollauf zufrieden zu sein. Die Location, das ehemalige Untersuchungsgefängnis “Elwe“ wurde vom bekannten TV-Anwalt Christopher Posch, der selbst am Lauf teilnahm, zur Verfügung gestellt. Am Sonntagmorgen trafen immer mehr Sportler dort ein, in guter Stimmung, meist etwas aufgeregt ob dessen, was sie erwartet. Viele hatten sich dem Anlass entsprechend kostümiert, manche eher dezent, andere mit viel Aufwand und Fantasie. Sogar originale Knastkleidung aus den USA hatten sich zwei Teilnehmer besorgt. Andere verwandelten sich in Vogelscheuchen. Die Teilnehmer kamen aus ganz Deutschland und aus dem Ausland wie Österreich, Luxemburg und sogar den USA, um, wie der Veranstalter geworben hatte, an einem “Lauf wie im Action-Film“ teilzunehmen.
Es nahmen große Teams teil ...
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.. und kleine ebenso
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Waffen waren nicht erlaubt im Knast!
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Anstehen auf dem Hof mit "Wächter"
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In fünf Wellen wurden die zehn Gruppen auf die Strecke geschickt. Zwar war schon dieser Teil gegenüber der Ankündigung, wie sie auch noch am Montag auf der Veranstaltungshomepage stand, deutlich reduziert: “Nachdem Du Deine Haft in der ehemaligen JVA Elwe angetreten hast, schleusen wir Dich, für das richtige Knast-Feeling, durch 10 Action-Filmsets. Dort heizen wir Dir bereits vor dem Start richtig ein.“ Beobachtet haben wir ein, oder mit viel guten Willen auch zwei solcher “Action-Filmsets“. Aber der Beginn hatte Atmosphäre und die Teilnehmer sichtbar ihren Spaß. Doch der verging danach vielen von ihnen. Leider wurde die Ankündigung der Pressebetreuer von der Berliner Agentur “Apublic“, die journalistischen Beobachter, Fotografen und Kamerateams per Shuttle an die relevanten Punkte der Strecke zu bringen, nicht umgesetzt. Der Bus fuhr viel zu spät, wurde gleichzeitig als Transport für die Staffelläufer genutzt und irrte, von einem ortsunkundigen Fahrer gesteuert, ohne Begleitung seitens der Veranstalter in Kassel umher. Damit konnten weite Teile der Strecke nicht verfolgt werden.
Gestartet wurde in Staffeln
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Dann ging es über die Mauer in die Freiheit
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Das erste Hindernis ist gleich überwunden
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Streckenskizze mit Hindernissen auf der Homepage
Quelle: Screenshot K. Heldmann
Doch die Teilnehmer berichteten später, dass in diesem Streckenabschnitt zwei angekündigte Hindernisse, das “Penthouse“ und “Water Roof“ ebenso wenig vorhanden waren wie die erste Verpflegungsstation; alles übrigens auch am Montag noch im Streckenplan aufgeführt und am Sonntagmorgen auf der Facebook Seite mit “Und ja alle Hindernisse sind da!“ angekündigt. Und es kam noch heftiger. Denn ein großer Abschnitt der Strecke, die Runde durch die Karlsaue, war, ohne dass dies kommuniziert worden war, herausgenommen. Auf der Karte, wie sie der am Montagabend (!) erstellte Screenshot zeigt, ist dieser Abschnitt mit den Hindernissen 16-19 enthalten. Stattdessen wurden die Teilnehmer jedoch nach der ersten Durchquerung der Fulda auf eine nicht angekündigte Laufrunde Richtung Süden über eine Fußgängerbrücke zwischen Kassel und Fuldabrück geschickt und mussten danach ein zweites Mal durch den Fluss schwimmen. Und dies führte zu erheblichen Problemen, die die Zeitnahme ad absurdem führte. Denn dadurch, dass nicht 1200 sondern die doppelte Anzahl an der gleichen Stelle den Fluss queren mussten, kam es zeitweise zu einem erheblichen Gedränge. Damit die ehrenamtlichen DLRG-Helfer, die hier eine vorbildliche Arbeit leisteten, nicht die Chance zur Hilfe zu nehmen, wenn sie denn sein müsste, konnten die Teilnehmer nur noch in Staffeln in den Fluss gelassen werden. Es kam zu einem beträchtlichen Stau, der viele dazu veranlasste, die Ausweichstrecke über eine parallel verlaufende Brücke zu wählen. Andere warteten dagegen geduldig. Gut, dass es nur 1200 waren, die teilnahmen. man stelle sich das Chaos vor, wenn 3000 oder gar 5000 dort gleich zwei Mal hätten schwimmen sollen.
Radfahrer auf nicht gesperrter Strecke
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Mit Spaß dabei: Teilnehmer aus Österreich
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Über Autos
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... über Reifen...
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... oder unten durch
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Brücke statt Fluss
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Polizei ließ nur noch in Staffeln schwimmen
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Dass die Runde durch die Karlsaue, Kassels großartiger Barockpark, aus dem Programm genommen wurde, erfuhren Teilnehmer, Zuschauer und Journalisten erst - mehr oder weniger zufällig - hier. Soviel zur vollmundigen Aufforderung: “Werde Fan von "Break Out and Run Free" auf Facebook und sei immer top informiert!“ In dem erwähnten Post von Sonntagmorgen, 8 Uhr, keine Information dazu. Stattdessen hieß es: “Die Fluchtstrecke ist teilweise noch geheim! Teile der Strecke sind bereits veröffentlicht und manche haben wir im TOP SECRET Verfahren geplant und Euch bewusst verschwiegen!“ Der Wegfall von etwa sechs Kilometer und - je nach Zählung - ca. der Hälfte der angekündigten Hindernisse (“Und ja alle Hindernisse sind da!“) fallen wohl unter das “TOP SECRET Verfahren“. Jedenfalls kann die kolportierte Begründung, das sei eine kurzfristige Entscheidung wegen des infolge eines Gewitters am Samstagabend aufgeweichten Bodens kaum nachvollzogen werden. Dann hätten einige sehr fleißige Helfer die ja angeblich aufgebauten Hindernisse sehr schnell wieder spurlos abgeräumt haben müssen, denn sie waren beim besten Willen nicht aufzufinden. Dass der kommunizierte Staffelpunkt am Auebad damit auch obsolet war, wusste auch niemand. Die vom - an diesem Desaster völlig unschuldige, weil allein gelassene - Busfahrer, setzte die dritte Staffelbesetzung dort jedenfalls vergeblich ab.
Viel Betrieb im Wasser
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Aber dank DLRG ging alles gut
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"Notversorgung" durch DRK
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Nicht ungefährlich: Vollstrahl auf den Kopf
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Dass es statt der angekündigten drei nur einen Verpflegungspunkt (nur Getränke) kurz vor dem Ziel gab, dass am letzten Hindernis ein ca. zwölfjähriger Junge mit einem C-Strahlrohr mit Vollstrahl auf die Teilnehmerköpfe zielte (er konnte die Gefahren seines Handelns mit Sicherheit nicht einschätzen), dass die Strecke nicht abgesperrt war und die Läufer sich zwischen fahrenden Autos und Radfahrern durchschlängeln mussten, dass der Weg zu Duschen und Toiletten im Ziel nicht ausgeschildert und dass die Beutel mit Wechselkleidung, Wertsachen und Autoschlüsseln völlig unbewacht in der Sporthalle lagen, zeigt, dass die Organisation hinten und vorne nicht geklappt hat. Trotzdem äußerten sich einige der Teilnehmer im Ziel zufrieden. Die große Zahl, mit der GDN jedoch sprechen konnte, war enttäuscht bis wütend. Und wer einen Tag später auf die Facebook Seite der Veranstaltung geht, kann einen veritablen Shitstorm verfolgen. Von den weit über 200 Kommentaren, bei 1200 Teilnehmern, von denen 833 im Ziel gewertet wurden, eine durchaus repräsentative Größe, äußert sich eine verschwindende Minderheit positiv.
Nach dem Schwimmen
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Das ist geschafft!
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Teufelchen ist auch durch den Fluss gekommen
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Noch über den Kiescontainer ...
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... und den Kipper
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Volltreffer!
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TV-Anwalt und Schirmherr Christopher Posch im Ziel
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Und leider äußern sich die Veranstalter in der Sache nicht. Auf Anfrage von GDN bezüglich einer Stellungnahme zur massiven Kritik am Sonntag erklärte die Pressesprecherin schriftlich: “Es wird eine geben. Ich bitte um Geduld.“ Doch auch mehr als 24 Stunden später warten Medien und Teilnehmer auf die Stellungnahme. Auf Facebook schrieben die Macher von “querheads GmbH “nur: “Bezüglich einer offiziellen Stellungnahme möchten wir Euch um Geduld bitten. Wir möchten die einzelnen Vorwürfe gern vorher tiefgehend inhaltlich prüfen bevor wir mit einem übereilten Statement an Euch gehen. Wir nehmen jedwede Kritik ernst, gehen den Ursachen auf den Grund und setzen uns damit auseinander. "Break Out and Run Free" ist ein zukünftiger Dialog sehr wichtig und wird sich diesem auch offen stellen.“ Das war um 14.19 Uhr, seitdem ist nichts passiert. Versuche von GDN, telefonisch Kontakt zum Veranstalter zu bekommen, waren erfolglos. Einige der enttäuschten Teilnehmer haben inzwischen eine eigene Facebookgruppe gegründet. Und andere haben sogar versucht, den Schirmherren Christopher Posch zum Handeln zu animieren: “Nachdem Sie gestern Ihren guten Namen bei breakoutandrunfree gefährdet haben, was halten Sie davon in Ihrer Sendung dafür zu kämpfen, dass die betrogenen Teilnehmer Ihr Geld erstattet bekommen.“, schreibt Rainer U. auf “Christopher Posch - Ich kämpfe für Ihr Recht“. Dass ausgerechnet der Flughafen Kassel-Calden einer der Hauptsponsoren war, ist fast schon symptomatisch. Denn auch dort gibt es ein großes Delta zwischen Ankündigungen und Ergebnis; wie auch bei “Break out and run free“. GDN wird beobachten, wie es weitergeht. Weitere Fotos von der Veranstaltung finden Sie in Kürze unter “Fotogalerie“.
Noch einmal in´s Wasser
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Im Ziel!
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Die Kostüme haben es überstanden
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