Politik

Digitalisierung - Presserat novelliert Pressekodex

Online-Kodex kommt 2015


Aus Präambel des Pressekodex (Quelle: Deutscher Presserat, screenshot)
GDN - Qualitätsjournalismus macht im digitalen Netz nicht Halt. Der Pressekodex wird in einer novellierten Fassung auf Onlinemedien erweitert. Auch im Internet muss sich der Leser auf eine gewissenhafte Berichterstattung verlassen können, ist das Signal des Presserats.

Onlinemedien können voraussichtlich ab März 2015 die freiwillige Selbstverpflichtungserklärung des Deutschen Presserats zum Online-Kodex unterzeichnen. Sie verpflichten sich damit zur Einhaltung ethischer Grundsätze im Web. Seit Mittwoch gilt dies insbesondere für Redaktionen, die Social Media-Plattformen wie Twitter, Facebook und Co als weiteren Verbreitungskanal nutzen. Bisher galt der Deutsche Presserat, der durch seinen erstmals 1973 selbstverfassten Pressekodex die Berufsethik der Journalisten regelt, als Selbstkontrollorgan der Printmedien. Es ist die nächste Entwicklungsstufe, die der Presserat in Sachen Digitalisierung unternimmt.
Bereits seit 2009 kann der Presserat auch öffentliche Rügen gegen Online-Berichterstattung aussprechen, nachdem es seine Kontrollfunktion auf Telemedien hin ausgeweitet hatte. Eine Arbeitsgruppe des Deutschen Presserats hatte sich seit einem Jahr zu den Neuerungen beraten, über die das Plenum bereits heute entscheiden wollte. Noch gilt es allerdings komplexe Punkte, wie die Verantwortung gegenüber User Generated Content, nachzubessern, sagte Lutz Tillmanns, Geschäftsführer des Presserats heute auf Anfrage. Um zu einer optimalen Entscheidung zu kommen, wird der Online-Kodex auf der nächsten Sitzung beschlossen. Im Fokus stehen Datenschutz, Richtigstellungen, Werbung sowie Kommentarfunktionen im Web.
Der Sorgfaltspflicht, geregelt in Ziffer 2 des Pressekodex, unterliegen aktuell auch Redaktionsveröffentlichungen in sozialen Medien und Onlinekommentare, was vor allem eine verantwortliche Moderation der Kommentare erfordert. Gerade in diesen heißen Zeiten digitaler Polit-Propaganda könnte das durchaus eine Herausforderung sein. Zugleich dürfen Kommentatoren zwar nicht zur Offenlegung ihrer Klarnamen verpflichtet werden, jedoch sollen User über IP-Adressen authentifiziert werden können. Gerade in diesem Punkt dürfte es angesichts der Debatte zum Thema Überwachung durch Geheimdienste, Tracking und Verschlüsselung Gesprächsstoff geben.
Persönlichkeitsrechte gehen oft vor
Auch aufgrund der rapiden Zunahme von Beschwerden zu Onlinebeiträgen, sieht sich der Presserat zur Überarbeitung der ethisch-journalistischen Grundsätze veranlasst. Erst am Dienstag entschied der Presserat im Falle von veröffentlichten Opferfotos der mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeschossenen MH17-Maschine über der Ostukraine zugunsten der Opfer. Angehörige hatten sich über eine Publikation der Fotos in diversen Medien beschwert. Die Fotos stammen aus sozialen Netzwerken, und ihre Veröffentlichung stand in keiner Absprache mit den Angehörigen, so die Beschwerde. Die zwingend ungewollte Identifizierung der Absturzopfer auf den Fotos war das entscheidende Kriterium des Presserats.
Den Opferschutz (Ziffer 8.2 Pressekodex) sieht dieser vor allem für die Berichterstattung “Ruhet in Frieden!“ bei BILD ONLINE und DER SPIEGEL verletzt. Die SPIEGEL-Titelseite “Stoppt Putin jetzt!“ in Kombination mit den Opferfotos sei für eine politische Aussage instrumentalisiert worden, so der Presserat. Ein öffentliches Interesse an diesen Fotos bestünde nicht. BUNTE Online und STERN hatte der Presserat hinsichtlich der weniger detailreichen Darstellung lediglich einen Hinweis erteilt. Den Opferschutz bei der Abbildung von nicht identifizierbaren Leichenteilen sieht der Presserat hingegen nicht verletzt.
"Die Fotos dokumentieren eindringlich die schreckliche Dimension und die Folgen des Ereignisses", so Ursula Ernst, Vorsitzende des Beschwerde-Ausschusses. In puncto Datenschutz muss immer eine praktische Abwägung zwischen dem Recht der Öffentlichkeit auf Information und den Persönlichkeitsrechten Dritter stattfinden (Ziffer 8). Stehen diese auf dem Spiel, muss eine Anonymisierung möglich sein. Richtigstellungen (Ziffer 3) müssen auch online kenntlich gemacht werden. Verlinkungen zu Affiliate-Partnern im redaktionellen Beitrag müssen nach dem Trennungsgrundsatz (Ziffer 7.1) für Leser eines Online-Beitrages klar zu differenzieren sein. Schleichwerbung (Ziffer 7.2) ist auch online ein rotes Tuch für qualitätsbewussten Journalismus.
Pressekodex, Schutz der Persönlichkeit.
Quelle: Deutscher Presserat, screentshot
Online vs. Print 2013.
Quelle: Deutscher Presserat.
Entscheidungen bei Beschwerden 2013.
Quelle: Deutscher Presserat.
Beschwerdegegner 2013.
Quelle: Deutscher Presserat.
Beschwerdeführer 2013.
Quelle: Deutscher Presserat.
Pressekodex, Sorgfaltspflicht.
Quelle: Deutscher Presserat, screenshot.

weitere Informationen: https://www.presserat.de/presserat/

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