Vermischtes

Interview. Alois Kemmer äußert sich zum Thema “Nahversorgungs-Unternehmen“

Neue Chancen, neue Möglichkeiten?


Bildmontage (Quelle: Roland Kreisel)
GDN - Interview. Alois Kemmer, Gründer des nahversorgungs.net, spricht mit Roland Kreisel über die Wichtigkeit der Nahversorgung sowie über die Chancen und Möglichkeiten, ein eigenes Nahversorgungs-Unternehmen zu eröffnen.
Kreisel: Warum wird aus Ihrer Sicht die "Gemeinnützige Nahversorgung" immer wichtiger?

Kemmer: Weil immer mehr Menschen mit ihrem Einkommen nicht mehr auskommen und weil wir uns nicht länger "fernsteuern lassen" sollte, schon gar nicht von Weltkonzernen und von anderen fremden Mächten!

Kreisel: Welche Vorteile haben die Konsumenten durch eine regionale Nahversorgung?
Kemmer: Versorgungssicherheit auch in Krisenzeiten. Und es bilden sich ganz von selbst Gemeinschaften und persönliche Freundschaften, die einander total gratis viel mehr soziale Sicherheit bieten als die ohnehin bald nicht mehr finanzierbaren "Sozial"(?)-Systeme jemals bieten können. Und alle die Produkte für die Nahversorgung herstellen wollen bekommen Absatzsicherheit wenn sie darauf vertrauen können, dass ihre Produkte auch ganz sicher zu fairen Preisen in der Region gekauft werden. Absatzsicherheit schafft Versorgungssicherheit - und umgekehrt.
Kemmer: Versorgungssicherheit auch in Krisenzeiten. Und es bilden sich ganz von selbst Gemeinschaften und persönliche Freundschaften, die einander total gratis viel mehr soziale Sicherheit bieten als die ohnehin bald nicht mehr finanzierbaren "Sozial"(?)-Systeme jemals bieten können. Und alle die Produkte für die Nahversorgung herstellen wollen bekommen Absatzsicherheit wenn sie darauf vertrauen können, dass ihre Produkte auch ganz sicher zu fairen Preisen in der Region gekauft werden. Absatzsicherheit schafft Versorgungssicherheit - und umgekehrt.
Kreisel: Sie versuchen zurzeit das Gewerbe "Nahversorgungs-Unternehmer" zu entwickeln. Was hat es damit auf sich?

Kemmer: Abschaffung der "Arbeitslosigkeit"! Wenn Globalisierung und Industrialisierung durch viel mehr regionale Selbstversorgung ersetzt werden dann gibt es genügend Arbeit für viele kleine Nahversorgungs-Unternehmer und für deren Hilfskräfte, aber beispielsweise auch sinnvolle und wirklich lohnende Nebenbeschäftigung für Hausfrauen.

Die letzten Ergebnisse meiner Recherchen bei der WKO haben ergeben, dass die offizielle Einführung einer neuen Berufsbezeichnung gar nicht nötig ist. Man kann sich der schon vorhandenen Möglichkeiten bedienen und damit regulär ein "Nahversorgungs-Unternehmer" werden:
1. Es genügt die Anmeldung eines Handelsgewerbes, das kostet ca. 130 Euro jährlich.

2. Man kann die relativ liberalen Bestimmungen über die "Nebenrechte" im Gewerberecht nutzen und über das Handelsgewerbe eigene Betriebsstätten und Organisationen gründen und Produkte von Landwirten oder von Händlern nicht nur kaufen und verkaufen, sondern beispielsweise auch selbst ernten, lagern, konservieren, transportieren, verpacken, daraus einfach zubereitete Fertig-Speisen herstellen und verkaufen oder als Imbiss (mit nicht mehr als 8 Verabreichungsplätzen) verabreichen.
3. "Häusliche Nebenbeschäftigung" ist ausdrücklich vom Gewerberecht ausgenommen. Ein Händler kann daher auch Produkte (Hausgemachte Spezialitäten) von einfachen Haushalten (von Hausfrauen, Pensionisten, Arbeitslosen usw.) zukaufen und weiter verkaufen oder solche Hausgemachte Spezialitäten selbst im eigenen Haushalt herstellen, soweit dies eine "Nebenbeschäftigung" ist und "ohne fremde Mitarbeiter zu Hause ausgeübt wird". Wenn dabei die Geringfügigkeitsgrenzen nicht überschritten werden fallen für Personen ohne Gewerbebetrieb weder Sozialversicherungsbeträge noch Steuern oder Kammerbeiträge an.
4. Die "Bearbeitung von Landwirtschaftlichen Urprodukten" (Herstellung von Brot, Fruchtsaft, Most, Essig, Öle, Butter, Würste usw.) bleibt den Landwirten oder den dazu berechtigten Gewerbetreibenden vorbehalten. Händler die Lebensmittel oder Speisen selbst herstellen möchten, benötigen dafür zusätzliche Gewerbeberechtigungen und geeignete Betriebsstätten.

Kreisel: Kann ein “Nahversorgungs-Unternehmen“ auch nebenberuflich als "Kleingewerbe" betrieben werden?
Kemmer: Ja, "Kleingewerbe" müssen zwar auch angemeldet werden, (das kostet etwa 70 bis 130 Euro jährlich). Wenn man aber unter den Geringfügigkeitsgrenzen bleibt (- das sind Nettoerlöse von monatlich ca. 450, jährlich ca. 4700€ und maximal 30.000€ Umsatz -) dann fallen weder Steuern noch Sozialversicherungsbeträge an und man kann ganz legal beispielsweise einen kleinen Nahversorgungsladen (eventuell auch als Nebenbeschäftigung) betreiben und damit sich selbst - und auch die eigene Familie - zu allergünstigsten Konditionen auch mit hochwertigsten "Lebensmitteln" versorgen.
Kreisel: Sie haben irgendwie auch mit dem Projekt “Naturgenuss Organisation“ zu tun. Um was handelt es sich dabei?

Kemmer: Die Naturgenuss Organisation ist ein Einzelunternehmen, das von Andreas Schweighofer als selbstständiger und eigenverantwortlicher Einzelunternehmer betrieben wird. Ich selbst bin nur "Geburtshelfer" - ohne jede Gewinnabsicht.

Kreisel: Welche Möglichkeiten ergeben sich durch die “Naturgenuss Organisation“?
Kemmer: Die Naturgenuss Organisation kann die Zielvorstellungen der "Gemeinnützige Nahversorgung" (www.nahversorgungs.net) geschäftlich korrekt in die Tat umsetzen. Es können ganz regulär konkrete Verträge abgeschlossen- regionale Netzwerke aufgebaut- und auch Geschäftslokale, Betriebsstätten und alle nötigen Betriebsmittel beschafft werden.

Kreisel: Welche Produkte möchte die “Naturgenuss Organisation“ anbieten?
Kemmer: Ja, das ist ein wichtiges Thema. Ein ganz klar abgegrenztes Sortiment wird wohl die Basis eines Erfolges sein. Vorweg haben wir uns folgendes Vorgenommen:
Es sollen ganz bewusst keine Industrieprodukte- auch keine industriell hergestellten Bio-Produkte und generell keine Produkte großer rein gewinnorientierter Konzerne in das Sortiment aufgenommen werden, sondern möglichst nur naturnah angebaute "Lebensmittel" und hausgemachte Spezialitäten oder handwerklich hergestellte Produkte, die aus der Region stammen und von Familienbetrieben oder von solidarisch orientierten Hofgemeinschaften angebaut oder hergestellt wurden.
Echte, (als BIO gekennzeichnete) Bio-Lebensmittel mit Zertifikat sollen den Schwerpunkt des Sortimentes bilden, aber der Bio-Standard wird dabei als unterstes Limit betrachtet, wobei aber bei der Auswahl der Produkte in vielerlei Hinsicht strengere Maßstäbe angelegt werden als dies die Bio-Zertifizierung vorschreibt.

Aber echte "Lebensmittel" die den strengen Maßstäben gerecht werden sollen nicht generell ausgeschlossen werden, wenn es dafür (noch) kein Bio-Zertifikat gibt. Solche Lebensmittel werden aber nicht als "Bio"- sondern mit der eigenen Naturgenus-Garantie der Naturgenuss Organisation gekennzeichnet.
Damit sollen auch die absolut hochwertigsten Naturprodukte, beispielsweise aus nicht intensiv bewirtschafteten Streuobstwiesen, Waldrändern, Blumenwiesen, Kräutergärten und dergleichen den Weg zu den Konsumenten finden. Aber auch Hausgemachte Spezialitäten die den strengen Kriterien entsprechen, sollen mit der Naturgenuss-Garantie verkauft werden, genauso wie Landwirtschaftliche Produkte aus Bio-Umstellungsbetrieben, denn damit wird vielen Kleinbetrieben die Umstellung auf Bio möglich gemacht.

Besonderer Wert wird auf den "Stammbaum" gelegt, damit den Kunden totale Transparenz über die Herkunft der Produkte geboten wird.
Die Naturgenuss Organisation möchte ein möglichst reichhaltiges Sortiment an Bio-Lebensmitteln anbieten, die in der jeweiligen Saison in der Region verfügbar sind. Je besser dieses Angebot angenommen wird, desto reichhaltiger kann das Sortiment gestaltet werden.

Die Naturgenuss Organisation möchte die Nahversorgung mit "Lebensmitteln" in die Ortszentren zurückholen:

Jeder Laden soll so gekennzeichnet werden: Bio-"Lebensmittel" mit Stammbaum + Hausgemachte Spezialitäten.
Es ist geplant, schon bald einen ersten Laden im Zentrum von Gleisdorf zu eröffnen, in weiterer Folge sollen einige weitere Läden folgen. Jeder Laden soll von einem Nahversorgungs-Unternehmer geführt werden, der/oder die auch Fertig-Lebensmittel, Imbiss, frisch gepresste Säfte und dergleichen anbietet und ein freundschaftliches Vertrauensverhältnis zu möglichst vielen Stammkunden aufbauen soll.

Kreisel: Können Sie etwas zum Projekt “Hofgemeinschaft Schirnitz“ erzählen?
Kemmer: An der Hofgemeinschaft Schirnitz, die als Verein geführt wird, bin ich selbst beteiligt. Ganz kurz gefasst geht es dabei um die nachhaltige und krisenfeste Absicherung einer kleinen Landwirtschaft, um die Schaffung von sinnvoller Arbeit mit Schwerpunktlegung auf die Selbstversorgung und auf die Selbstvermarktung, aber auch um eine sichere und sinnvolle Geldanlage und generell um die Versorgungssicherheit einer kleinen Gemeinschaft die sich als Verein zusammengeschlossen hat.

Siehe dazu
http://www.apfellandbrot.at
und
http://nahversorgungs.net/hofgemeinschaft_schirnitz.html

hier kann man sogar die Vereinsstatuten abrufen. Es gibt auch schon eifrige Nachahmer.
Kreisel: Falls Sie noch etwas sagen möchten, haben Sie jetzt die Möglichkeit dazu“¦

Kemmer: "Die Zeit ist reif" ist kurz gesagt das was ich noch sagen möchte. Wir sollten nicht ahnungslos und gedankenlos unsere letzten Kraft- und Energiereserven im "Hamsterrad" vergeuden, sondern einmal innehalten und "denken" - und dann selbstständig "handeln". Wer mehr über meine persönliche Meinung dazu lesen möchte, hat dazu ausführlich Gelegenheit - unter http://nahversorgungs.net/gemeinschaften/die_zeit_ist_reif_.html
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